Letzte Woche war es wieder einmal so weit: Wir haben uns ein Time-out genommen. Und zwar eines, auf das ich mich schon lange ganz besonders gefreut habe: Vor einiger Zeit haben wir an einer Caravan- Ausstellung einen speziellen Camper gesehen – einen sogenannten Dog Camper, das ist ein Wohnmobil, das hunderttauglich umgebaut wurde, so das Zwei- und Vierbeiner sich gleichermassen wohlfühlen können.
Zeit für neue Erfahrungen
Es war es war nicht etwa so, dass wir uns total überarbeitet, ausgelaugt und müde gefühlt hätten. Aber es war einfach wirklich wieder einmal an der Zeit, etwas Neues zu tun, neue Gegenden kennenzulernen, neue Erfahrungen zu machen, vielleicht auch neue Leute kennenzulernen, sofern dies unter den aktuellen Bedingungen, die in der Schweiz jetzt aber schon von Lockerungen ausgeprägt sind, möglich sein würde. Gleichzeitig wollten auch wir auch als Paar mit Hund für uns etwas Neues ausprobieren und sehen, wie wir auf diesem reduzierten Raum zu dritt funktionieren würden. Ich selber hege schon lange den Traum von einem kleinen Bus. Am liebsten ein VW Bus, mit dem ich einerseits auch im Alltag unterwegs sein könnte, wenn Fahrrad oder E-Bike nicht reichen und andererseits auch kleine Fluchten und Auszeiten problemlos realisieren könnte. Der Haken an der Sache war eigentlich bloss- nein, nicht mein Partner, aber seine Körpergrösse. Der Mann ist nämlich einiges über 2 Meter lang. Während ich mit meinen 161 cm problemlos irgendwo ein Plätzchen finde, an dem ich mich ausstrecken und entspannen kann, wird das für ihn schon schwieriger. So reifte der Plan, für ihn die neue Erfahrung und für mich die Wiederholung von Camper- Ferien zu realisieren. Wir beide stiegen voll Optimismus, aber auch mit ein wenig Respekt in dieses Abenteuer. Und selbstverständlich war es uns dabei wichtig, dass sich auch unsere Hunde-Omi Aura wohlfühlen können musste.
Wohin des Weges?
Eigentlich wäre ich ja nach der aktuellen Schlechtwetterphase gerne nach Italien, meinem zweiten Heimatland, gefahren. Aber da wir nicht sicher waren, wie die Umsetzung der Pandemie-Massnahmen dort genau läuft und wir mit unserem Camper natürlich auch auf bevölkerte Campingplätze fahren wollten, entschieden wir uns, in der Schweiz zu bleiben und bewegten uns in Richtung des uns unbekannten Jura-Gebietes.
Bereits nach ein paar Kilometern in diesem Gefährt, das nun eine Woche unser Daheim sein sollte, fühlte ich ein schon lange nicht mehr verspürtes Freiheitsgefühl. Klar, das klingt jetzt ein wenig kitschig- ich weiss. Aber hoch über den Limousinen und den Vans über die Autobahn zu gleiten, weil brettern tun wir nicht, hatte schon was sehr Erhabenes!
Bereits am ersten Tag zeigten sich die Vorteile eines fahrbaren Daheims: Wir machten unterwegs Pause bei meiner betagten Tante, die wir schon viel zu lange nicht mehr gesehen hatten, und konnten dann auch spät abends unser Nachtessen auf dem Campingplatz einnehmen, ohne dass sich jemand daran gestört hätte. Überhaupt waren das gemeinsame Essen, das Kochen und dann auch wieder Verräumen – weil herumstehen lassen kann man in beengten Verhältnissen nicht allzu viel – eine stimmige Erfahrung für uns. Für mich, die glutenfrei vegan unterwegs ist und das auch möglichst einhalten möchte, weil sonst sehr oft gesundheitliche Kapriolen passieren, war das Kochen im Camper eigentlich sehr einfach. Nämlich wie zu Hause, nur dass ich nicht auf zwei Söhne, die diese Ernährungsweise nicht so prickelnd finden, Rücksicht nehmen musste. Und die freie Zeiteinteilung, ohne auf Öffnungszeiten von Restaurants und Hungergefühle von Jungmännern schauen zu müssen, war schon auch entspannend.
Zeit ist der wahre Luxus
Es war für interessant, gemeinsam einen Landesteil zu entdecken, den wir beide kaum kannten. Der Austausch, über das, was wir sahen, wie es auf uns zwei gleich oder oft auch unterschiedlich wirkte, war spannend und führte zu Gesprächen, für die im Alltag oft auch die Zeit und damit die Tiefe fehlen. Man mag es dekadent finden und eigentlich ist es in der heutigen Zeit schon fast peinlich zu sagen, dass ich Autofahrten mag, weil man dabei auch sehr gut reden … und sich niemand davonschleichen kann.
Überhaupt blieben in dieser Woche viele Momente für den Austausch, fürs Verweilen und Staunen. Staunen über die gewaltige Natur in der Gorge d’Areuse (Areuse-Schlucht) und des Creux du Van, Staunen über die Ausdauer unserer Hundi-Oma Aura, die alle Wanderungen interessiert und leichtpfotig neben uns her ging und sich immer noch für die Beutelarbeit nach Natural Dogmanship und das Baden in kühlen Gewässern begeistern liess. Staunen, darüber, wie leicht das Leben ist, wenn man einfach den Moment geniesst und den Augenblick lebt.
Die Bücher, die wir eingepackt hatten, blieben weitgehend unberührt. Das war auch den vielen Gesprächen, die wir mit Camper-Nachbarn führten, geschuldet. Die unkomplizierte Offenheit, die wir in all diesen Begegnungen erleben durften, war herzerwärmend und berührend. Wir haben viele Wohnmobile von innen betrachten dürfen, haben erfahren, wieso es im WoMo keinen Backofen braucht (deshalb!) und wissen nun, wie man eine Chemie-Toilette am besten leert. Ist nämlich gar nicht so tragisch 😉
Begegnungen machen das Leben reich
Am tiefsten berührt hat uns das Treffen mit Tanja und Christian, denen wir mit ihrem 4- Pfotenmobil auf dem Creux du Van begegnet sind. Die zwei Ü-40er haben ihre Wohnung aufgelöst und planen nach Neuseeland auszuwander dahin, wo ich vor bald 30 Jahren mit meinem inzwischen leider verstorbenen Mann ebenfalls immigrieren wollte,
was dann aber meine Schwiegereltern erfolgreich zu verhindern wussten…
Alte Geschichten, die da wieder hochkamen. Aber diese zwei Menschen leben ihren Traum und bis es mit der Auswanderung so weit ist, bummeln sie mit Barny und Willson in ihrem hundetauglichen Wohnmobil durch die Welt. Und bestimmt ist es auch mehr als nur ein Zufall, dass wir einen Tag später auf dem riesigen und doch übersichtlichen Campingplatz Eymatt in Bern mit einem tollen Bistro! wieder nebeneinander parkierten- ohne dass wir gegenseitig von unseren detaillierten Plänen gewusst hätten. Es sind solche Begegnungen, die unser Leben bereichern und es farbig und bunt anmalen. Ich freue mich, den Weg der beiden weiterzuverfolgen. Social Media machts möglich… und wer weiss, vielleicht auch das echte Leben.
In Bern hat es das Schicksal sowieso besonders gut gemeint. Wie fast an jedem neuen Ort drehten wir auch dort im nahen Wald mit unserer Hündin Aura eine Geocacher– Runde, als ich auf dem Rückweg die Szenerie rund um unseren Campingplatz ein bisschen näher betrachtete- sie kam mir irgendwie bekannt vor.
„Klick“ machte es, als ich meiner Intuition folgend meinen früheren Mentor Georg Streit, der mich in die Arbeit mit Compad eingeführt hatte, googelte- er und seine Frau Chönyi wohnen nur gerade mal drei Minuten vom Zeltplatz entfernt. Weil ich weiss, wie sehr ich mich immer freue, wenn sich Menschen, die mir wichtig sind oder es mal waren, spontan bei mir melden, wenn sie auf Durchreise oder sonst irgendwie in der Nähe sind, melden, schrieb ich Georg. Keine Stunde später sassen wir bei ihnen bei einem herrlichen Apéro riche mit Blick über den Wohlensee und knüpften unsere Gespräche dort an, wo wir sie vor ein paar Jahren unterbrochen haben. Was für ein Geschenk, wenn so etwas möglich ist!
Time flies
Die Zeit mit dem Dog Camper verging viel zu schnell- ein gutes Zeichen. Und vielleicht ist es auch eine Art Fügung, dass zuhause in der Post ein Brief der Inhaber des Weinguts in der Provence lag, in welchem uns mitgeteilt wurde, dass aus unseren gebuchten Herbstferien aufgrund der Covid-19-Restriktionen nichts werden könne. Wir haben nämlich beschlossen, dass wir uns dann nochmals einen Dog Camper mieten werden- bevor wir uns dann vielleicht einen kaufen…