Glossar Begabtenförderung

Begabtenförderung Glossar: die wichtigsten Begriffe zur Begabtenförderung einfach erklärt

Jedes Themengebiet hat so seine eigene Sprache. Manchmal klingt die sehr fremd. Nicht umsonst spricht man ja auch vom «Fach-Chinesisch» oder „etwas kommt einem spanisch vor“. Wer klug und wichtig klingen möchte, verwendet so viele Fachbegriffe wie möglich. Was nur was bringt, wenn die Gesprächspartner:innen die Begriffe auch kennen.
Ich versuche, mit meinem Gegenüber so verständlich wie möglich zu reden. Aber manchmal geht es nicht ohne Fachbegriffe und auch in Berichten komme ich da manchmal nicht drumherum.
Darum habe ich mich entschieden, die gängigsten Begriffe zur Begabtenförderung in einem Glossar festzuhalten. Einige Erklärungen sind zudem auch mit ausführlicheren Blogposts verlinkt.

Falls dir noch ein Begriff, für den du gerne eine Erklärung hättest (oder mal gehabt hättest), fehlt, schreib ihn mir doch als Kommentar und ich werde ihn im Glossar ergänzen.


Altersdurchmischtes Lernen (AdL)

Kinder besuchen die Schule in altersdurchmischten Klassen, die mehrere Stufen beinhalten. Die jüngeren Schüler:innen lernen und profitieren von den älteren und umgekehrt. Durch gezieltes Anleiten lernen die Kinder selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten.

Akzeleration

Bezeichnet entweder beschleunigtes, gestrafftes Bearbeiten einzelner Unterrichtseinheiten (Compacting) oder ein insgesamt beschleunigtes Arbeiten über einen oder mehrerer Fachbereiche hinweg. Formen von Beschleunigung sind auch das Überspringen einer oder mehrerer Klassen, der vorzeitige Eintritt in den Kindergarten sowie die frühere Einschulung.

Besondere Begabung

Von besonderer Begabung spricht man, wenn Schüler:innen in einem oder mehreren Bereichen ihrer Entwicklung der entsprechenden Altersgruppe deutlich voraus sind. 20-25 % aller Lernenden sind zu weitergehenden Leistungen fähig.

Binnendifferenzierung

Unterrichtsgestaltung innerhalb der Klasse, bei der die Aufgabenstellung den Fähigkeiten der Lernenden entspricht. Dies kann beispielsweise durch Postenarbeit oder Arbeitsaufträgen in verschiedenen Niveaugruppen geschehen. Auch Freiarbeit ist eine Form der Binnendifferenzierung. Ergebnispräsentation oder Lernort können ebenfalls Bestandteil der Binnendifferenzierung sein.

Compacting

Ein systematisches Verfahren, bei dem der Basislehrplan gestrafft und intensiviert wird. Damit soll das Wiederholen von bereits gelerntem Stoff vermieden, die Herausforderung innerhalb des regulären Unterrichts erhöht und Zeit für angemessene Enrichment- und Akzelerationsmassnahmen gewonnen werden.

Enrichment

Aktivitäten, die für Lernende mit unterschiedlichen Fähigkeiten durchgeführt werden und darauf abzielen, gegenwärtige Interessen zu vertiefen oder neue Interessen zu wecken. Diese Aktivitäten gehen über den Regelunterricht hinaus und bezwecken, Lernende zu intensiver, eigenständiger Arbeit anzuregen.

Freiarbeit

Beschreibt eine Unterrichtsform, die in hohem Mass selbständige Auseinandersetzung mit Themen und Fragestellungen fordert. Sie sichert den Lernenden den Freiraum, in dem sie selbst gewählte Tätigkeiten planen, organisieren, durchführen und auswerten können. Sie entspricht den Typ III – Aktivitäten des Schulischen Enrichments Modells (SEM) von Renzulli.

Hochbegabung

Von Hochbegabung wird dann gesprochen, wenn der Entwicklungsstand in einem oder mehreren Bereichen in ausgeprägtem Mass über demjenigen der entsprechenden Altersgruppe liegt. Etwa 1-2% aller Lernenden gelten als hochbegabt, ihr IQ-Wert, evaluiert durch eine seriöse Testung liegt bei mindestens 130.

Hochsensibilität

Oft wird diese überdurchschnittlich hohe Sensibilität (Overexcitability) auch als Zwillingsschwester der Hochbegabung bezeichnet. Allerdings bedingen sie sich nicht gegenseitig. Aber relative viele Hochbegabte sind auch hochsensibel, was zu Lern- und zu sozialen Behinderungen, Blockaden und einer problematischen Selbstwahrnehmung führen kann. Dies wiederum kann zu Rückzug, Selbstunterschätzung und nicht gelebten Potenzialen führen.

Intelligenztest

Ein Intelligenztest ist ein Tool der psychologischen Diagnostik zur Messung der Intelligenz einer Person. Es gibt verschiedene Intelligenztests, auch solche, die sprachfrei sind, sodass auch Menschen mit Migrationshintergrund chancenfair getestet werden können. Im Bereich der Begabtenförderung können verschiedene Situation die Erfassung der Intelligenz notwendig machen. Das Ergebnis dieser Tests ist der Intelligenzquotient (IQ). Umgangssprachlich werden daher Intelligenztests auch IQ-Tests genannt.
Allerdings kann auch die pädagogische Diagnostik wertvolle Hinweise auf eine erhöhte oder verminderte Begabung geben. Ein Intelligenztest ist absolut nicht immer notwendig.

Kompetenzraster

In der Schweiz richtet sich der Lehrplan21 hauptsächlich nach Kompetenzen, die nach verschiedenen Stufen eingeteilt werden. In Kompetenzrastern wird konkret festgehalten, welche Fähigkeiten die Lernenden bezüglich bestimmter Lerninhalte erreichen. Gegenüber gängiger Bewertungen haben Kompetenzraster den Vorteil, dass sie zeigen, was Schüler:innen objektiviert konkret können. Das macht die Leistungsbewertung kompetenzbezogen und relativ durch den Bezug auf eine bestimmte soziale Lerngruppe.

Lerntagebuch

Im Lerntagebuch werden Erfahrungen, Probleme und Fragen im Sinne einer Arbeitsrückschau schriftlich festgehalten. Es ist eine Form des metakognitiven Lernens und bildet einen Bestandteil des Portfolios.  Weiter dient es als Grundlage für regelmässige Lerndialoge über das eigene Lernen mit der Lehrperson.

Mentorat

Schüler:innen werden von Experten einer Materie über längere Zeit in diesem Interessen- gebiet begleitet. Grundsätzlich können natürlich alle Kinder von solchen Expert:innen profitieren. Oft wird dieses Zusatzangebot nur initiiert, wenn alle Möglichkeiten der Schule ausgeschöpft sind.

Minderleister

Wenn Lernende ihr Potenzial nicht in entsprechende Leistung umsetzen können oder wollen, spricht man von Minderleistung (Underachievement). Bei Verdacht auf Minderleistung kann die Durchführung eines Intelligenztests sinnvoll sein, um eine mögliche Diskrepanz zwischen IQ und den zu den tiefen Schulleistungen festzustellen und damit Fördermassnahmen einleiten zu können.

Portfolio

Eine Dokumentation, die einen Überblick über die Interessen, den Lernstil, die schulischen Stärken und die relevanten Testwerte jedes Lernenden erlaubt. Diese kann durch Unterlagen über erfolgreich durchgeführte Projekte oder gelungene Arbeiten, die durchaus auch schulextern stattgefunden haben können, ergänzt werden.

Pullout-Programm

Klassenübergreifendes, externes Förderprogramm für Lernende, welche trotz differenzierenden Unterrichts weiterer Impulse bedürfen, um nicht in eine Situation der permanenten Unterforderung zu geraten.

Ressourcenzimmer

Unterrichtsraum, der in erster Linie für die Arbeit an eigenständigen Projekten bestimmt ist. In diesem stehen diverse Medien zur Informationsbeschaffung und spezielle Lernmaterialien zur Begabungsförderung zur Verfügung.

Selbstgesteuertes und selbstorganisiertes Lernen

Selbstgesteuertes Lernen begründet sich mit den Erkenntnissen der Selbstwirksamkeit und der Motivationspsychologie. Die Schüler:innen lernen dabei, selber zu entscheiden und ihr Tun zu begründen. So übernehmen sie Verantwortung für ihr Lernen. Man spricht von selbstorganisiertem Lernen (SOL) wenn die Schüler:innen bei vorgegebenen Inhalten und Zielen ihr eigenes Lernen selbst organisieren und Entscheidungen über die Art und Weise ihrer Lernorganisation fällen. Selbstgesteuertes und selbstorganisiertes Lernen erfordern individuelle Lerndokumentationen (z.B. Portfolio, Lernjournal) und personalisierte Lernbegleitung.

Twice Exceptional

Es gibt Menschen mit hohen Begabungen, welche Lern- oder Verhaltensauffälligkeiten oder auch Persönlichkeitsstörungen aufweisen. Hier spricht man von „doppelten Ausnahmen“, diese Menschen weisen einerseits hohes Potenzial aus, andererseits ein „Handicap“, welches einschränkend darauf einwirken kann.

Wahlangebot

Beschreibt eine Unterrichtsform, bei der die Lernenden aus einem Angebot von mehreren Themen eines auswählen und sich damit intensiv auseinandersetzen können. Lehrpersonen, evt. auch zusätzliche, schulexterne Personen präsentieren diese Angebote und führen sie durch. In der Regel finden diese jeweils an einem Halbtag über eine definierte Zeitspanne statt.

Schlagwörter: Begabtenförderung · Begriff · Glossar · hochbegabt 

2 Gedanken zu „Begabtenförderung Glossar: die wichtigsten Begriffe zur Begabtenförderung einfach erklärt

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