Oder: Wie Worte Welten öffnen – manchmal auch meine eigene
Es gibt Bücher, die liest man, legt sie weg und vergisst sie wieder. Und dann gibt es Bücher, die nisten sich ein. Nicht in den Bücherregalen, sondern tief im Inneren. Manche Bücher verändern dein Leben. Oft sehr subtil. Sie graben sich ein, stellen Fragen, wühlen auf, schenken Antworten – und manchmal werfen sie einen gleich ganz aus der Bahn. Im besten Sinne.
Heute stelle ich dir drei solcher Bücher vor. Der Grund liegt in einem Schubser von Edith Gould, Autorin des überaus amüsanten Feelgood-Romans „Karpfen im Froschteich“. Edith initiierte nämlich eine Blogparade mit dem verheissungsvollen Titel „Drei Bücher, die mein Leben auf den Kopf gestellt haben“. Als absoluter Lese-Junkie komme ich ja um solch eine Einladung nicht herum! Allerdings hatte ich nun wirklich die Qual der Wahl. Allein in diesem Jahr habe ich schon 12 Bücher gelesen. Aber welche davon sind wirklich wichtig? Nun ja, ich stelle dir in diesem Blogartikel drei Werke vor, die mein Leben nachhaltig geprägt haben. Zwei davon sind längst erschienen – das dritte schreibe ich gerade selbst. Aber ich spüre jetzt schon, dass es dazugehört.
1. „Das Buch Dina“ – eine Namensvetterin, die mich erschüttert hat
Von Herbjørg Wassmo
Als ich als junge Frau „Das Buch Dina“ von Herbjørg Wassmo in einer Schaufensterauslage sah, leitete ich vor Überraschung eine Vollbremsung mit dem Fahrrad ein und stand dann mitten auf dem Radweg im schwedischen Kleinstädtchen Arboga. Jan, mein damaliger Freund, war schon weit voraus. Als ich ihn dann endlich keuchend einholte und ihm erzählte, was mich aufgehalten hatte, zeigte er sich wenig beeindruckt. Kein Wunder: Jans gibt es so viele wie Fragen eines hochbegabten Kindes vor dem Frühstück (okay, das wusste ich damals noch nicht – dann halt wie Regentropfen im Schwedensommer). Aber Dinas? Ein Buch mit meinem Vornamen? Da war ich neugierig. Dina steht schliesslich nicht gerade auf der Bestseller-Vornamenliste. Nun war meine Schwedisch zu rudimentär, als dass ich mir das Buch gerade kaufen wollte. Aber kaum wieder in der Schweiz holte ich es mir. Noch im Laden schlug ich die erste Seite auf – und wurde hineingezogen in eine düstere, raue und zutiefst berührende Geschichte, die mich lange nicht mehr losliess.
Dina, die Protagonistin, lebt im Norwegen des 19. Jahrhunderts. Sie ist wild, unangepasst, leidenschaftlich – und tief verletzt. Ihre Mutter stirbt durch einen Unfall, an dem Dina sich die Schuld gibt. Ihr Vater zieht sich emotional zurück, und Dina wächst zu einer Frau heran, die sich nicht fügt. Nicht in Konventionen, nicht in Rollenbilder, nicht in das, was andere von ihr erwarten.

Warum mich dieses Buch so bewegt hat? Weil es eine Frau zeigt, die radikal sie selbst ist – und daran zerbricht. Und überlebt. Und liebt. Und kämpft.
Ich habe mich in ihr nicht wiedererkannt – das wäre vermessen. Aber ich habe etwas gespürt, was mir bis dahin nicht so klar war: Dass es Geschichten braucht, in denen Frauen nicht nett, nicht gefällig und nicht angepasst sind. Sondern frei, wild und ungezähmt. Auch wenn das unbequem ist. Für sie selbst. Und für ihr Umfeld.
Für mich als junge Frau – damals frisch im Schuldienst – war Dina eine Provokation. Eine Erinnerung daran, dass nicht jede Andersartigkeit geheilt werden muss. Und dass Stärke viele Gesichter hat.
Gelesen habe ich das Buch in den späten Achtzigern– aber es klingt bis heute in mir nach.
2. „The Time Traveler’s Wife“ – Zeitreise ins Herz
Ein völlig anderes Kaliber – aber nicht weniger prägend – war für mich Audrey Niffeneggers Roman „The Time Traveler’s Wife“. Auf Deutsch heisst das Buch „Die Frau des Zeitreisenden“ – klingt nach Romantik. Und ja: Liebe ist ein grosses Thema in diesem Buch. Aber es geht um mehr.
Henry leidet an einer genetischen Anomalie, die ihn unfreiwillig durch die Zeit reisen lässt. Clare, seine Frau, lebt in der linearen Gegenwart. Ihre Beziehung ist alles andere als gewöhnlich. Er kennt sie, bevor sie ihn kennt. Sie liebt ihn, obwohl er immer wieder verschwindet – und manchmal als Fremder zurückkommt.
Was mich so berührt hat, ist die poetische Art, mit der Zeit, Identität und Liebe verhandelt werden. Niffenegger schafft es, ein hochkomplexes Konzept in eine Geschichte zu giessen, die zutiefst menschlich ist.
Clare liebt Henry nicht trotz, sondern wegen seiner Unplanbarkeit. Wegen seiner Brüche. Wegen der Lücken.
Und ich? Ich habe beim Lesen begriffen, dass Liebe nicht bedeutet, jemanden festzuhalten – sondern ihn zu begleiten, auch wenn er sich verändert. Auch wenn man selbst sich verändert.

Ich las das Buch in einer Lebensphase, in der vieles im Umbruch war. Kinder, Schule, Selbstbild – alles auf der Reise. Und ich fragte mich oft (und tue es immer noch): Wer bin ich eigentlich, wenn die, die ich liebe, sich verändern? Wenn ich selbst mich verändere?
„The Time Traveler’s Wife“ gab mir keine Antworten – aber es schenkte mir ein tiefes Verständnis dafür, dass Leben niemals linear verläuft. Und dass wir trotzdem, oder gerade deshalb, lieben können. Bedingungslos.
Das dritte Buch, das mein Leben verändert hat, ist noch gar nicht veröffentlicht. Aber es schreibt sich schon eine ganze Weile durch mein Herz und meine Hände.
Arbeitstitel: „Hochbegabt – und jetzt? Ein Eltern-Navi zwischen Wunder und Wahnsinn“
Ein Elternbuch. Für Mütter und Väter, die plötzlich merken: Mein Kind ist anders. Und zwar nicht nur ein bisschen.
Es denkt schneller, fühlt intensiver, fragt unermüdlich. Es diskutiert mit zwei, liest mit drei, zweifelt mit vier an der Existenz des Christkinds – und wenig später an Sinn der Schule.
Dieses Buch schreibe ich, weil ich so oft Mütter und Väter in meiner Beratungsstelle sitzen habe, die sagen:
„Warum hat uns das niemand früher gesagt?“
Oder: „Ich dachte, mein Kind sei schwierig. Aber jetzt verstehe ich: Es ist einfach sehr besonders.“
Ich schreibe aus über 20 Jahren Erfahrung in der Begabtenförderung.
Ich schreibe als Mutter.
Ich schreibe als jemand, der weiss, wie schnell man als Elternteil ins Schleudern gerät, wenn das eigene Kind ausserhalb der Norm unterwegs ist.
Ich schreibe, weil ich selbst so ein Buch gebraucht hätte.
Dieses Buch verändert mein Leben nicht erst bei der Veröffentlichung – es tut es bereits beim Schreiben.
Ich ordne mein Wissen, filtere das Wesentliche, verknüpfe Theorie mit Praxis – und mit Geschichten. Echten Geschichten.
Von Eltern, die sich fragen, ob sie übertreiben.
Von Kindern, die plötzlich aufblühen, weil jemand sie sieht.
Von Lehrpersonen, die den Mut haben, ausserhalb des Stundenplans zu denken.
Und auch von den Momenten, in denen man als Mutter einfach nur auf dem Küchenboden sitzt, weil nichts mehr geht. Auch diese gehören dazu.
Warum diese drei Bücher zusammengehören
Vielleicht fragst du dich: Was haben eine wilde Norwegerin, ein Zeitreisender und ein Elternratgeber gemeinsam?
Die Antwort ist einfach – und vielschichtig:
- Alle drei Bücher handeln von Anderssein.
- Alle erzählen von Menschen, die aus der Zeit, aus der Norm oder aus dem Rahmen fallen.
- Und alle zeigen, wie viel Schönheit darin liegen kann, wenn man sich traut, trotzdem zu lieben, zu leben, zu lernen.
„Das Buch Dina“ hat mir Mut gemacht, meiner Intuition zu vertrauen – auch wenn sie unbequem ist.
„The Time Traveler’s Wife“ hat mir gezeigt, dass Beziehungen wachsen dürfen – auch wenn sie nicht kontrollierbar sind.
Und mein eigenes Buch? Es erinnert mich täglich daran, dass Wissen geteilt werden will. Und dass Worte Brücken bauen – zwischen Eltern, Kindern und einer Welt, die oft zu schnell urteilt.
Falls du an diesem Buch interessiert bist, lass dich doch auf meine Vorfreude-Liste setzten. Dann erfährst du als Erste:R, wenn es veröffentlicht ist und kriegst erst noch ein Goodie dazu!
Bücher als Spiegel und Sprungbrett
Manche Bücher spiegeln uns. Andere fordern uns heraus. Manche machen beides.
Sie bringen uns zum Nachdenken, zum Umdenken – manchmal sogar zum Durchstarten.
Wenn du selbst auf der Suche bist nach solchen Büchern, die nicht einfach nur unterhalten, sondern bewegen, dann lade ich dich ein: Lies eines dieser drei – oder alle. Und wenn du magst, verrate mir in den Kommentaren, welche Bücher dich schon einmal auf den Kopf gestellt haben.
Vielleicht schreibst du dein eigenes Buch gerade erst. Oder du lebst es schon.
Was auch immer du tust – lies weiter. Schreib weiter. Denk weiter. Und mach an der Blogparade von Edith Gould mit!

Liebe Dina
Was für ein wunderbarer und bewegender Artikel. „Das Buch Dina“ reizt mich auch gleich :). Und ich verstehe dich so gut, was das Schreiben angeht. Es ordnet die Gedanken und es spühlt neue Facetten des Denkens an die Oberfläche. Und des Fühlens. Schön, dass deine Bücherschätze Teil meiner Blogparade werden durften!
Herzlich,
Edith
Liebe Edith
Von Herzen gern geschehen ❤️. Ich sage immer: „Wenn ich schreibe, sehe ich, was ich denke!“ … oder dass ich denke 🤣.
Ich leihe dir das „Buch Dina“ gern mal aus, wenn du möchtest.
Herzliche Grüsse, Dina