Aufgrund meines Blogs „das Zauberwort heisst Compacting“ bin ich hin und wieder darum gebeten worden, eine Schritt-für-Schritt- Anleitung zu diesem wertvollen Unterrichtstool zu verfassen.
Ich versuche mich hier also als Betty Bossy des Compactings (für nicht CH-Einwohner: Hinter BB steckt die Kochbuchautorencrew, die für einfache, gelingsichere Rezepte steht und die hier jedes Kind kennt) und fasse mich kurz und knackig.
Compacting meint im schulischen Kontext übrigens das Verdichten des Basislehrplans zu Gunsten eines Enrichments, also einer Anreicherung des Stoffs.
Lege die relevanten Ziele eines Themas fest
Für die meisten Fächer lassen sich diese Ziele leicht festlegen, weil in den Lehr- und Handbüchern oder im Lehrplan genügend Informationen vorhanden sind. Die Ziele sollten mit dem Fokus, wo es um die Aneignung neuer Inhalte oder Fähigkeiten geht und welche Aufgabenstellungen vor allem der Festigung des Gelernten dienen, gewählt werden. Auch Inhaltsverzeichnisse von Lehrmittel geben dazu wertvolle Hinweise.
Dadurch kannst du als Lehrperson bei diesem Schritt Schwerpunkte für die Individualisierung treffen. Zudem lernst du, zunehmend informierter und kritischer mit den bestehenden Lehrbüchern umzugehen.
Erstelle einen geeigneten Vortest
Überlege dir, was deine Schüler*innen am Ende der Unterrichtseinheit können sollen. Aufgrund dessen erstellst du einen Vortest, der eigentlich dem Schlusstest entspricht. Spanne dabei grosse Bogen und steige hoch genug ein, damit auch Minderleistende herausgefordert werden. Stelle auch offene Fragen, das ist vor allem in Sprache, durchaus aber auch in Mathe oder NMG (Natur, Mensch, Gesellschaft) möglich. Dabei musst du nicht jeden Schritt in Mathe oder Deutsch muss abfragen!
Verdichte den Lernstoff
Das ist der eigentliche Schritt des Compactings! Überlege dir aufgrund der Ergebnisse des Vortests, welchem Kind du welche Übungsaufgaben ersparen kannst. Am besten geht das übrigens, wenn du den Vortest so zusammenstellst, dass die Aufgaben den Abfolgen im Übungsheft entsprechen. Konsequenterweise werden diesen Kindern nur noch einen Teil des Klassenunterrichts in diesem Fach mitmachen. Arbeitet ihr mit Posten, kannst ihnen auch die einfachen und/ oder repetitiven erlassen oder ihr erstellt zusammen einen Compactor (=Entrümpelungsplan).
Kinder, die zwar den Vortest nicht perfekt gelöst haben, aber bei denen zu erwarten ist, dass sie den fehlenden Lernstoff blitzschnell erfassen werden, kriegen auf Wunsch nur eine kurze, knackige aber hochwertige Einführung, weil das zügige Durcharbeiten in ihrem Tempo und auf ihrem Niveau die Motivation hochhält.
Reichere den Unterrichtsstoff an
Nun kommt das Spannendste an der Sache: Die frei werdende Unterrichtszeit darf neu gedacht und aufgefüllt werden. Dabei gilt eine goldene Regel: Nicht mehr vom Gleichen!
Das heisst konkret also, wenn ein Kind bewiesen hat, dass es das kleine Einmaleins beherrscht, kriegt es nicht noch ein Blatt, auf dem weitere Multiplikationsaufgaben versteckt sind. Versuche -möglichst mit dem Kind zusammen- zu bestimmen, wie es seine freigewordene Zeit nützen könnte. Das könnten natürlich freie Projekte sein oder vertiefende Aufgaben wie z.B. aus der Denkschule von Klett, es könnte aber auch Geschichten oder Gedichte schreiben… was immer Spass und Sinn macht.
Unten ein Beispiel der Zweitklässlerin T.F. , die sich an Stelle des kleinen Einmals eins‘ mit Zikaden beschäftigt hat. Das Compacting hat seinen Zweck erreicht: Langweile und Unterforderung wurden vermieden und T.F. konnte sich neue spannende Inhalte erschliessen.