Seit ich lesen gelernt habe, verschlinge ich Bücher. Als Kind hatte ich in der Schulbibliothek eine Sondergenehmigung für 10 Bücher aufs Mal, weil ich mit den erlaubten drei Büchern meist am nächsten Tag schon wieder auf der Matte stand 😉.
So ist es mir als Lehrerin ebenfalls wichtig, die Kinder mit allen möglichen Büchern bekannt zu machen und obwohl die Zeit meiner Förderlektionen knapp ist, scheint mir das Anliegen wertvoll genug, um auch immer noch eine gemeinsame Lektüre zu bearbeiten.
Als unser Schulhaus das Jahres Motto „Glück“ hatte, bin ich auf das Buch von Barry Jonsberg: „Das Blubbern von Glück“ gestossen. Seit dem habe ich es mit den 5. oder 6. Klässlern bereits mehrmals gelesen.
Inhalt
Obwohl Titel und Cover einem ein leichtes, schönes Buch suggerieren wollen, wäre dies zu kurz gedacht. Auch die Altersbeschränkung ist gegen oben offen. In einer Klasse würde ich das frühestens ab 13 Jahren empfehlen. In meiner Fördergruppe habe ich es bereits mit 11 jährigen gelesen. Das Buch ist zwar sprachlich recht einfach, setzt aber einiges an Empathie und Verständnis für „anders fühlende und denkende“ voraus.
Die Geschichte handelt von Candice Phee, einem zwölfjährigen Mädchen, das die Welt etwas anders sieht als die meistern Menschen. Sie ist extrem intelligent, zu ihrer Lieblingslektüre gehört das Wörterbuch und Wahrheit und Akribie sind ihr total wichtig. Mit Menschen, die sie noch nicht gut kennt, spricht sie ungern. Also schreibt sie Zettel, wenn sie etwas mitteilen will. Doch für sie ist das kein Problem. Was sie wirklich bedrückt, sind die Sorgen ihrer Eltern, ihrer Lieblingslehrerin oder ihres Haustiers Erdferkel-Fisch. Und natürlich auch jene von Douglas Benson aus der anderen Dimension. Aber Candice hat ihre ganz eigenen Pläne: Die Welt um sie herum soll wieder blubbern vor Glück! Und dafür geht sie auch mal ganz ungewöhnliche Pfade 🙂

In der Schule soll Candice einen Aufsatz schreiben, in welchem sie zu jedem Buchstaben das Alphabets eine paar passende Sätze zu sich selbst formulieren soll. Aber Candice nimmt diese Aufgabe ein bisschen ernster und so bekommt jeder Buchstabe ein eigenes Kapitel.
Sie dokumentiert in diesem Text eigentlich, wie sie sich eines Tages entscheidet, aktiv zu werden und alle in ihrer Umgebung glücklich zu machen – was allerdings nicht ganz so einfach ist.
Das Ende der Geschichte ist an sich abgeschlossen, trotzdem bleiben Fragen offen: Wie ist es Candices Eltern ergangen, was ist mit Douglas und Erdferkel-Fisch, was wird aus Jen und Denielle? Sie alle haben ein Leben und natürlich interessiert es, wie es weitergehen könnte.
Leider gibt es keinen Folgeband, aber das offene Ende bietet wunderbare Sprech- und Schreibanlässe – wenn man das will.
Warum ich dieses Buch immer wieder hervorhole
Barry Jonsberg’s liebevolle Art, Candice eine Stimme zu verleihen, ist einfach wunderbar und berührend. Die analytischen Erzählweise von Candice entspricht denen, die ich von autistischen Kindern kenne. Der Autorin gelingt es, die Welt aus den Augen eines Kindes zu beschreiben, was der Geschichte einen eigenen, unvergleichlichen Charme und Witz, aber auch eine grosse Portion Authentizität verleiht.
Die Lesenden begegnen in „das Blubbern von Glück“ vielen tollen Charakteren. Alle haben sie ihre eigenen grossen und kleinen Probleme, die sehr lebensnah dargestellt werden.Bereits ab Seite 1 steckt man mitten in Candices Leben und hofft jedes Mal, wenn Candice einen neuen, kreativen Plan ausheckt, um ihre Mitmenschen glücklicher zu machen, dass es ihr gelingen möge.
Gerade meine Schüler:innen aus der Fördergruppe, die mit ihren hohen Begabungen nicht nur Freunde finden und durch ihre oft ein bisschen andere Wahrnehmung der Umwelt nicht ganz so leicht Freunde finden oder sich selber manchmal im falschen Film fühlen, empfinden sehr viel Sympathie und Mitgefühl für Candice.
Für mich ist es definitiv eines meiner Lieblingsbücher über hochbegabte oder neurodivergente Kinder! Das Buch gibt es auch als Hörbuch, das wunderbar gesprochen und absolut zu empfehlen ist. 2019 ist das Buch zudem verfilmt worden. Die sehr guten Kritiken des Films, von dem ich bis jetzt nur den Trailer gesehen haben, hinterlassen bei mir trotzdem das Bauchgefühl, dass auch hier wieder mal das Buch tiefer geht als die bewegten Bilder. Aber vielleicht werde ich eines Tages meine Ahnung noch revidieren können. Ich lasse es dich wissen.