Kinder mit hohen Fähigkeiten erleben den Kindergarten- und Schulalltag oft mit angezogener Handbremse, langweilen sich und möchten dann wenigstens daheim oder in den Ferien auf ihre Rechnung kommen.
Hier ist es dann wichtig, dass sie sich mit Spielzeug beschäftigen dürfen, das sie auch auf ihrem Niveau abholt. Das kann dann natürlich je nach dem auch eklatant von den Altersempfehlungen auf der Spielebox abweichen. Mehr dazu habe ich in diesem Blog über den Wert des Spielens beschrieben.
Ganz besonders kann sich die Situation dann in den Ferien zuspitzen, wo Erwachsene entweder parallel zur Kinderbetreuung noch berufstätig sind oder sich eben auch mal dem süßen Nichtstun hingeben möchten.
Wie gestalten wir also Ferien mit Kindern, die für ihr Gehirn viel Futter brauchen?
Kinder müssen lernen, sich selbst zu beschäftigen!
Dass das je nach Alter und Typ des Kindes unterschiedlich herausfordernd ist, ist klar. Ein Baby muss das nicht können, Drei- bis Vierjährige sollten es lernen und wenn ein fünf- oder sechsjähriges gesundes Kind die ganze Zeit an Mutters Schürzenzipfel oder Papas Hosenbeinen hängt, ist es höchste Zeit zu handeln! In überschaubaren 5 Minuten- Einheiten darf auch bereits einem Dreijährigen zugemutet werden, etwas für sich allein zu tun, während dem man in Ruhe einen Kaffee trinkt oder durch die Zeitung blättert. Und entsprechend sollte es dringend bei älteren Kindern eingefordert werden!
Vielen Kindern hilft es, wenn der Ablauf der Zeit verdeutlicht wird. Und was würde sich dazu besser eignen als eine Sanduhr? Natürlich sind diese grossen, die es im Moment in vielen Deko- Shops oder Spieleläden zu kaufen gibt, toll, Aber auch eine kleine aus der Spielesammlung tut es hervorragend. Ebenfalls praktisch ist natürlich die tickende Eieruhr.
Wie soll nun aber die zur Verfügung stehende Zeit allein oder gemeinsam genutzt werden?
Hier meine 5 besten Tipps dazu:
Tipp Nr#1: Lasst den hochbegabten Kindern wenigstens in den Ferien ihre Zeit
Wie die Kinder ihre freie Zeit gestalten, ist nicht immer Sache der Eltern. Wir müssen es aushalten, wenn Kinder mal eine halbe Stunde „bloss“ zum Fenster raus sehen, Tagträumen oder Wolken beobachten. Es muss nicht immer sichtbare Aktivität sein. Was bei den oben erwähnten Tätigkeiten im Kopf eines Kindes, sei es nun hochbegabt oder nicht, vorgeht, können wir nicht messen und schon gar nicht bewerten. Wer weiss, was daraus entsteht?
Tipp Nr# 2: Das Zuhause geniessen!
Natürlich haben wir alle immenses Verlangen nach Tapetenwechsel- aber es gibt auch Gründe, die es sinnvoll erscheinen lassen, daheim zu bleiben. Mehr dazu erzähle ich auch noch unter Tipp Nr# 5.
Ein grosser Vorteil vom Daheimbleiben ist, dass es eine ganze Infrastruktur gibt, die benutzt werden kann.
Dann könnte man z.B.
– T-Shirts bemalen
– Knete selber herstellen
– Steine sammeln, bemalen, ausbringen
– Selber Eis herstellen
– Limonade ansetzen
– Einen Heim-Kinoabend mit selbst gemachtem Popcorn inclusive Tüten veranstalten
– Durch den Regen rennen ohne sich Sorgen um trockene Ersatzkleidung zu machen
– Schiffchen oder Flosse bauen und im Bach schwimmen lassen
– Riesenseifenblasen machen, hier das Rezept dazu…
Tipp Nr#3: Kinder brauchen Bewegung!
Und Erwachsene auch – sie wollen es bloss nicht immer wahr haben. Tolle Alternativen zum Spaziergang um den Block, die Ferienwohnung oder das Hotel gibt es natürlich auf Fahrradtouren oder Wanderungen zu einem attraktiven Ziel wie einem Schloss, einem tollen Picknickplatz oder einem Badeplatz. Damit diese Ausflüge nicht zur Überforderung und Laune-Killer werden, lohnt sich eine sorgfältige Vorbereitung. Schöne Touren kann man übrigens auch mit der Komoot App planen.
Ganz toll fanden unsere Jungs auch immer Geocaching, diese weltweite Schatzsuche mit GPS. Da gibt es auch „Schätze“, bei denen vorgängig ein Rätsel gelöst werden muss, damit die richtigen End-Koordinaten freigeschaltet werden. Die „Caches“, so nennt man die Behälter, wo die Logbücher drin versteckt sind, können auch nach speziell „kindergeeignet“ gefiltert werden. Bevor es losgeht, erstellt man sich auf https://geocaching.com ein kostenfreies Benutzerkonto, erfindet einen coolen Nickname und lädt sich am besten die entsprechende App noch aufs Smartphone – dann braucht es nicht einmal ein GPS-Gerät.
Selbstverständlich ist auch ein Foxtrail durch die eigene oder eine noch unbekannt Stadt eine tolle Sache. Oder eine Nachtwanderung, eine Kissenschlacht…
Rollschuh fahren / Inline-Skaten / Skateboard / Longboard fahren, schwimmen / Fussball, Basketball, Volleyball, Boccia oder Federball spielen / klettern sind weitere Bewegungsmöglichkeiten, die sich bei uns bewährt haben.
Hauptsache, es läuft etwas! Wohlig müde Kinder sind dabei ein angenehmer Nebeneffekt für die Eltern. Wein kühl stellen nicht vergessen 😉
Tipp Nr# 4: Nicht nur Hochbegabte Kinder brauchen Futter für das Oberstübchen
Natürlich darf der Kopf in den Ferien auch gefordert werden! Aber ich distanziere mich hiermit klar vom Auffüllen von Lehrplanlücken- es geht in den Ferien um Spass und Freude, damit die Kiddies wieder aufnahmefähig sind, wenn sie wieder in den Bänken sitzen.
Doch vor allem Kinder mit hohem Potenzial lechzen förmlich danach, Anregungen zu bekommen, die sie wirklich, wirklich interessieren!
Das kann auch vielfältige Art und Weise passieren, wobei die naheliegendste selbstverständlich das Lesen von Geschichten und Sachbüchern ist. Eine Auswahl findest du in diesem Blogartikel.
Kopffutter und neue Ideen können aber auch bei einem Besuch auf dem Bauernhof oder im Zoo entstehen. Das Betrachten und Bestimmen von Sternen beim Besuch einer Sternwarte oder beim Übernachten im Freien kann spannend sein. Ebenso interessant ist es für einige Kinder, Pflanzen oder Setzlingen beim Wachsen und Gedeihen zuzuschauen und sie, je nachdem, worum es sich handelt, als Essen zuzubereiten.
Kopffutter der besonderen Art sind auch Origamis, also diese Faltpapier-Figuren. Man kann das Ganze mal umdrehen und versuchen, selber ein Tier oder eine Pflanze zu falten.
Zudem gibt es auch noch die Möglichkeit von Sudokus, Kreuzworträtseln, Bimaru – zu finden in Tageszeitungen oder Rätselheften.
Tipp Nr# 5: Wenn alles zu viel ist – hochbegabte Kinder sind oft auch hochsensibel
Vielleicht gehörst du zu jenen Eltern, die ein bisschen neidvoll zu jenen Familien blicken, deren Kinder unter Jubelrufen ins Ferienlager, ins Sportcamp oder die Musikwoche ziehen, deren Sprösslinge sich in jedem Robinson Club problemlos ins Kinderprogramm stürzen und überhaupt begeistert alle Aktivitäten, die man ihnen anbietet, ausprobieren. Oh, wie ich dich verstehe!
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Zwillingsschwester der Hochbegabung die Hochsensibilität ist.
Für diese Kinder sind viele Angebote schlicht „too much“ – die vielen anderen Kinder, die wechselnden Eindrücke und Impulse, die Geräusche und Gerüche, überreizen das Nervensystem hochsensibler Menschen. Die Folgen daraus: Tobsuchtsanfälle, Schreikrämpfe, Weinattacken etc.
Viele Kinder wissen bewusst oder unbewusst um ihre Grenzen und weigern sich, sich auf solche Angebote einzulassen. Sehr oft zum grossen Frust der Eltern, die sich doch berechtigterweise auch ein paar Mussestunden wünschen würden.
Als Eltern haben wir in unser Familie dieses Spannungsfeld oft erlebt: Da waren einerseits unsere Kinder, welche Angebote, und klangen sie auch noch so toll und verlockend, ablehnten und es vorzogen, bei uns zu bleiben. Und andererseits unser Bedürfnis, einfach mal ungestört einen Erwachsenen-Ausflug zu unternehmen oder ungestört mehr als eine Seite in einem Buch zu lesen.
So haben wir versucht, uns zu arrangieren: Je nach Jahreszeit haben wir auch die Ferien daheim verbracht und probiert, den verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden. Das konnten dann auch mal Zelten im Garten oder Kochen am Lagerfeuer im Garten sein, aber auch einen Eltern-Aperitif auf dem Balkon, während dem die Kinder Pizza fürs Nachtessen vorbereiteten. Übernachtungsgäste ergaben die Chancen eines Gegenbesuchs, was uns wieder einen kinderlosen Abends einbrachte.
Es war mir wichtig, meine Bedürfnisse auch deklarieren zu können – aber noch wichtiger war es mir, ausgeglichene Kinder zu haben, die sich von der Struktur der Stundenpläne erholen und für weitere Schulwochen auftanken konnten.
Von dem her vielleicht mein wichtigster Tipp: Das „Fuder“ nicht überladen und Ansprüche hinunterschrauben. Weniger ist auch in diesem Fall oft mehr!
In dem Sinne wünsche ich allen schöne Sommerferien mit Erlebnissen, die das Herz weit in den Herbst hinein wärmen!
Sensationell ��.
Deine Tipps inspirieren unseren Familienalltag. Du sprichst mir direkt aus dem Herzen.
https://www.sempachersee-tourismus.ch/de/entdecken/spiel-spass/smartphone-schnitzeljagd-family/
Obenstehender link als Ergänzung.
Für tolle Kopf-fütterungs-Einkäufe empfehle ich:
Drachenäscht Bern und Büchlersspielecke, Grosswangen.
Liebi Dina
Ich habe zwar keine hochbegabten Kinder, aber sie sind sehr sensibel. Deswegen habe ich von deinem Artikel einiges mitgenommen. Danke! Ich stelle fest, dass durch die vorgegebenen Strukturen in der Schule, das freie Spiel erst ca. nach 2 Wochen Ferien einsetzt. Bis dahin entstehen bei meinen Mädels ganz viele Situationen, in denen sie vor Langeweile fast nicht mehr können. Wenn ich diese Jammerei aushalte, werde ich mit herrlich spielenden und ausgeglichenen Kindern belohnt. Toller Artikel. Macht auch Mut!
Herzliche Grüessli
Jeannine
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