Dieser Artikel entstand im Rahmen der Blogdekade von Franziska Blickle. Mal schauen, ob ich sie durchhalte. Ich habe keine Angst davor, wie man aufgrund des Titels vielleicht vermuten könnte, aber ein bisschen Respekt vor meinem ehrgeizigen Ziel 10 Artikel in 10 Tagen zu schreiben. Ein grosser Teil wird auf La Gomera entstehen. Auf diese Auszeit freue ich mich sehr!
Bestimmt hast du dich auch schon gefürchtet. Manchmal ist die Angst real, oft aber entspringt sie unseren Befürchtungen. Je nachdem kann sie so weit gehen, dass wir schon beim Denken an eine Situation Bauchweh haben, zittern oder davonrennen möchten.
Angst ist nicht böse
Angst fühlen wir, wenn Gefahr in Verzug ist. Du hast dann verschiedene Handlungsmöglichkeiten:
- Flucht
- Kampf
- Erstarrung
Diese Strategien sind super, wenn der Säbelzahntiger vor dir steht. Und genau aus dieser Zeit stammen diese Verhaltensweisen – aus einer Zeit, wo sich die Menschen jeden Tag dem Überlebenskampf stellen mussten. Und wenn du heute die Strasse überquerst und es kommt ein Auto angebraust, hilft dir genau dieser alte Fluchtmodus, der Kollision auszuweichen. Super, nicht wahr?
Solltest du aber gerade einen Vortrag halten, in dem du zeigst, was du über die alten Ägypter, oder meinetwegen als Erwachsender über die neusten Verkaufszahlen weisst, grätscht dir der Fluchtmodus ziemlich quer rein. Da du nicht davonrennen kannst, schiesst dein Adrenalin ungebraucht durch den Körper und löst dort alle möglichen Reaktionen aus: Herzklopfen, Röte im Gesicht, Schweiss… was auch immer. In diesem Fall ist Angst überhaupt nicht wirklich hilfreich.
Rationale und irrationale Ängste
Die zwei Beispiele oben stehen für durchaus rationale Ängste. Was aber ist mit der Angst vor Regenwürmern? Seien wir ehrlich, wirklich bedrohlich sind diese äusserst nützlichen Tiere nicht. Auch die Arachnophobie, die Angst vor Spinnen, ist nüchtern betrachtet nicht wirklich nachvollziehbar. Was tut dir diese Spinne denn schon? Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass du dich im Dschungel, umgeben von Giftspinnen, befindest.
Und trotzdem ist haben viele Menschen Ängste vor Tieren aller Art und sind ihr machtlos ausgeliefert.
Wie unterscheiden sich rationale und irrationale Ängste voneinander? – Gar nicht!
Es ist komplett unwesentlich, ob die Gefahr real ist, z.B. vor einem Vorstellungsgespräch oder eben nicht, wenn du die Maus einfangen sollst. Das Gefühl löst im Körper die gleichen Symptome aus.
Grüsse von der Echse
Vielleicht hast du schon mal über meine Echsen-Gang gelesen oder bist dem Bild der Echse im Zusammenhang mit MindTV sonst schon mal begegnet.
Die Echse ist eine Veranschaulichung für das autonome Nervensystem, das im Stammhirn, das wir auch „Reptilienhirn“ nennen.
Das Reptilienhirn steuert das autonome Nervensystem, kontrolliert also u. a. Blutdruck, Herzfrequenz und Atmung. Zusammen mit dem Mandelkern, fachlich Amygdala genannt, der im Grosshirn lokalisiert ist und bei drohender Gefahr Alarmsignale sendet, bietet es seit Urzeiten ein perfektes Sicherheitssystem. Die ausgeschütteten Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol und Dopamin stellten Energieressourcen zu einem Repertoire möglicher Verhaltensweisen zur Verfügung: Erstarrung, Kampf, Flucht.
Die Evolution kannte in allen Lebewesen seit Anbeginn der Zeit nur ein Hauptprogramm: Überleben und Arterhaltung. Dieser Mechanismus ist in allen Lebewesen bis heute erhalten – nur hat der Mensch Möglichkeiten gefunden, die Vermehrung zu kontrollieren.
Im Visualisierungscoaching sprechen wir von der Echse, wenn es um diese Urreflexe, die das Stammhirn auslöst, meinen. Sie übernimmt die Führung, wenn sie uns in Gefahr wähnt. In guten Glauben flutet sie sämtliche Hirnregionen und verunmöglicht rationales Denken und Handeln. Das ist prima, wenn du vor dem Säbelzahntiger stehst. Aber in einer Matheprüfung oder während der Präsentation des Jahresabschlusses ist dies dann doch sehr ungünstig. Meist ist der Versuch, gegen die Reaktion des Reptilienhirns zu kämpfen, sinnlos.
Die einzig effektive Art, mit dieser Angst umzugehen, ist zu lernen, die Reaktion der Echse anzuerkennen und mit ihr zusammenzuarbeiten.
Lernen, mit der Angst umzugehen
Glücklicherweise sind wir in unserer gewohnten Umgebung normalerweise nicht grossen Gefahren ausgesetzt. Säbelzahntiger sind ausgestorben und auch Krokodile schwimmen bei uns nicht in den Seen.
Aber wie du bereits gelesen hast, spielt es keine Rolle, ob deine Angst irrational ist oder sachlich begründet. Gefahr und Bedrohungen werden immer subjektiv wahrgenommen.
Der Angst ins Auge blicken
Visualisierung funktioniert bei Angst (und allen Grundgefühlen) besonders gut, weil das Bildhafte das Reptilienhirn so perfekt anspricht. Es ist eine indirekte Form der Konfrontationstherapie, in der sich das Kind oder die erwachsene Person in die bestimmte Situationen hineinversetzt und sich selber wie im Kino sieht. So ist der Mensch zwar in die angstauslösende Situation involviert, nimmt aber nicht direkt daran teil.
Dabei unterscheidet das Hirn nicht zwischen Realität und Vorstellung. Wir kennen das, wenn wir nach einem schlechten Traum schweissgebadet erwachen. Es fühlt sich auch in der Erinnerung total real an, obwohl wir doch bloss im Bett gelegen haben.
Im Visualisierung holen wir bei den Grundgefühlen meist die Echse ins Boot. Kinder wie Erwachsene lieben es, zu schauen, wie ihre Echse in angstauslösenden Momenten reagiert: Die einen legen sich erstarrt auf den Rücken, andere machen Randale und wieder andere hauen ab. Die Erklärung, dass die Echse in ihrem Stammhirn für ihr Verhalten verantwortlich ist, nimmt Menschen den Druck und die Scham vor ihren Reaktionen. Meinen grossen und kleinen Klienten gebe ich Tools mit, wie sie ihre Echse und damit auch sich selbst beruhigen können. Gleichzeitig gehen wir auch dem auslösenden Moment dieser Angst auf die Spur, damit wir genau arbeiten und die überschiessende Reaktion der Echse neutralisieren können.
Erfolgserlebnisse
Es macht mich glücklich, zu sehen, dass ich bereits so vielen Mensch-Echsen-Teams zu einer guten Zusammenarbeit verhelfen durfte. Wer bei mir ins Visualisierungscoaching kommt, darf sich eine Echse aussuchen, mit der wir dann konkret Beruhigungsstrategien erarbeiten. Hin und wieder gestalten wir auch eine eigene Echse, in dem wir Rohlinge bemalen. Diese Echse darf dann auch in ein neues Daheim ziehen. Bei einigen Kindern wohnt sie in der Schultasche, bei einer Frau schläft sie auf dem Kopfkissen.
Hier ein Filmchen meiner allerersten Person, die vor Spinnen absolute Panik hatte und die zeigt, dass sie das Tier problemlos ausquartieren konnte.
Oder der Brief einer Mutter, deren Tochter unter massiver Prüfungsangst litt:
Wir sind so happy, dass Sie unsere Tochter von dieser grossen Angst befreit haben. Sie redet immer mit „Petronella“, wenn sie unsicher ist und reflektiert mit ihr Situationen. Das Wissen, wie sie die Echse beruhigen kann, gibt ihr Sicherheit und die Prüfungsresultate zeigen, dass sie ihr Wissen gut abrufen kann. Sie ist jetzt auch zuversichtlich, dass sie den Wechsel ans Gymnasium packt.
Wenn du glaubst, dass ich dir helfen kann, gegen deine Angst vorzugehen, melde dich doch!