Im Zusammenhang mit Begabtenförderung hört man oft den Begriff Enrichment oder Anreicherung. Was damit genau gemeint ist und wie dies sinnvoll gestaltet werden könnte, beschreibt dieser Blogpost.
Je nach Kontext können Enrichment-Angebote natürlich auch als Pullout– Programme geführt werden. Auch als zusätzliche Kurse oder Aktivitäten nach der Schule oder in den Ferien. Sie können auch in Form von Wettbewerben, Projekten oder Sonderveranstaltungen angeboten werden. Was ich hier aber ansprechen möchte, sind integrative Formen der Förderung.
Enrichment für hochbegabte Schüler:innen wäre ein wichtiger Bestandteil des Bildungssystems, um die Fähigkeiten und Talente dieser Schüler zu fördern und zu entwickeln. Denn diese Kinder haben besondere Bedürfnisse, die in einem regulären Unterricht oft nicht ausreichend berücksichtigt werden. Mit Enrichment-Programmen könnten diesen Schülern die Möglichkeit geboten werden, ihre Fähigkeiten und Interessen in einer anspruchsvollen Umgebung zu entfalten und zu vertiefen.
Wenn du jetzt findest, das sei ein bisschen viel Konjunktiv mit „wäre“ und „könnte“, muss ich dir leider Recht geben: Es gibt immer noch zu viele Lehrpersonen, die nicht trauen loszulassen und ihre Schützlinge mit zusätzlichen Arbeitsblättern abspeisen, bis diese beginnen, langsam und fehlerhaft zu arbeiten, damit sie nicht das 10 Arbeitsblatt zum halbschriftlichen Dividieren bekommen.
Nicht mehr vom Gleichen
Enrichment heisst ganz klar An-Reich-erung. Man wird nicht reich, wenn man gezwungen wird, immer das Gleiche zu tun! Weder reich an Motivation, zu zeigen, was in einem steckt, noch reich an neuem Wissen.
Curricululm Compacting
Um sicher zu sein, dass ein Kind die geforderten Lernziele auch ohne die üblichen Übungslektionen erreichen kann, empfiehlt es sich, zu Beginn einer neuen Lerneinheit einen Vortest – gleich einem Abschlusstest, aber halt am Anfang der Sequenz – durchzuführen. Erreicht ein Kind die geforderten Lernziele, kann ihm das Üben erspart und die freiwerdenden Zeit mit Enrichment- Angeboten aufgefüllt werden. Ausführliches zum Curriculum Compacting gibt es hier.
Fachverwandte Anreicherung
Natürlich kann ein Kind, dass das Bruchrechnen beherrscht, auch weiterführende Aufgaben herangeführt werden. Dies wäre zum Beispiel mit der Divison oder Multiplikation von Brüchen möglich, was dann allerdings schon wieder einer Akzeleration gleich kommt. Persönlich ziehe ich aber freiere Projekte vor.
Es kann in diesem Fall durchaus sinnvoll sein, die Schüler dazu anzuregen, Bruchrechnung in anderen Kulturen und historischen Epochen zu untersuchen. Sie können erfahren, wie Bruchrechnung in der Antike von den Griechen und Römern verwendet wurde, oder wie Bruchrechnungenin anderen Kulturen, wie zum Beispiel in Indien oder China, unterschiedlich behandelt werden.
Gerade in NMG (Natur, Mensch, Gesellschaft) erweitere ich Lehrplaninhalte oft. Da gibt es meist jede Menge spannender Ideen. Um möglichst in die Breite zu gehen, orientiere ich mich oft an Gardners Domänen. Unten siehst du als Beispiel ein Padlet (lässt sich durch Anklicken vergrössern!) zum Thema Mittelalter für einen 5. Klässler.
Offene Projekte
Ein wichtiger Bestandteil von Enrichment ist die individuelle Förderung. Kinder mit überdurchschnittlichem Potenzial haben oft unterschiedliche Interessen und Fähigkeiten, deshalb sind Anreicherungen optimalerweise auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt. So können Schüler ihre Stärken und Talente optimal entwickeln. Ist sich ein Kind nicht sicher, wo seine Interessen und Fähigkeiten liegen, helfen entsprechende Fragebögen, wie sie z.B. In Lichtblicke für helle Köpfe zu finden sind.Eine Form von Enrichment können auch Mentorate sein, in denen sich die begabten Kinder mit Spezialisten ihres Interessengebietes treffen. Je nach Alter können aus Mentoringprojekten auch Studien- oder Berufsentscheidungen entstehen. Gar nicht so selten und nicht selten sind auch schon Freundschaften fürs Leben geworden – quer über alle Gräben des Altersunterschiedes hinweg.
Vieles ist möglich
In meinem Artikel über Anreicherung des Unterrichts bin ich noch detaillierter auf die Vorgehensweisen und Möglichkeiten von Enrichment eingegangen. Zögere also nicht, dich bei Interesse noch weiter zu vertiefen.
Mir ist einfach wichtig, dass du zum Wohl deiner Schüler:innen den Mut aufbringst, grosszügig Übungsaufgaben zu streichen und dich bei deiner Unterrichtsplanung am Lehrplan und nicht dem Lehrmittel zu orientieren.
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